Die Wachmannstrasse e.V.

Historisches und Hintergründiges

Namensgeber – Diplomat für Bremen

Wer war eigentlich der „Herr Wachmann“, dem die Straße ihren Namen verdankt?
Syndicus Dr. jur. Johann Wachmann lebte von 1592 bis 1659 in Bremen. Wachmann war immer wieder im diplomatischen Einsatz für den Senat. Er nahm an den Friedensverhandlungen in Osnabrück teil, die den „Westfälischen Frieden“ begründeten und den Dreißigjährigen Krieg beendeten. Der Westfälische Frieden bestätigte auch den Weserzoll, den Graf Anton Günther von Oldenburg seit 1612 für seine angeblich aufwändige Unterhaltung der Weser von Bremen forderte.

Und genau das war den Bremern – und Johann Wachmann – ein Dorn im Auge. Die Bremer blieben bockig, verweigerten die Zollzahlung. Deshalb kamen sie 1652 in die „Reichsacht“. Die Suppe auslöffeln musste dann ein anderer Johann Wachmann, Namensvetter und zweiter Bremer Syndicus. Erst als dieser vor dem Reichstag klein beigegeben hatte, wurde Bremen wieder aus der Reichsacht gelöst.

Judenhaus Rembrandtstraße – Stolpersteine für die Erinnerung

Am 5. August 2008 verlegte der Kölner Aktionskünstler Gunter Demnig 15 „Stolpersteine“ vor dem Haus Rembrandtstraße 25. 15 Stolpersteine für 15 Menschen, die hier gewohnt haben. 15 Schicksale von Bremer Juden, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden.
Die 10 mal 10 Zentimeter großen Betonquader mit beschrifteter Messingkappe sind ebenerdig ins Pflaster eingefügt. Jeder Stolperstein eine Erinnerung. Die Kosten von 95 Euro pro Stein haben Anwohnern der Rembrandtstraße übernommen.

Warum ausgerechnet die Rembrandtstraße 25 und warum so viele Steine?

Hier entstand zwischen 1939 und 1941 ein so genanntes Judenhaus. Für Jahre, Monate, Wochen fanden hier jüdische Menschen notdürftig Unterkunft. Von hier aus wurden 15 Frauen und Männer am 18. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und dort ermordet.

Was verstand man unter einem Judenhaus?

In der Nazizeit wurde Juden der Besitz an Wohneigentum untersagt – sie wurden enteignet. Im April 1939 erging darüber hinaus ein Gesetz, das den Kündigungsschutz für jüdische Mieter aufhob. Man wollte zugleich aber Aufsehen vermeiden, wenn massenhaft Juden auf der Straße gesessen hätten. Man wies insgesamt 21 Bremer Häuser als „jüdische Wohngrundstücke“, als „Judenhäuser“ aus, in die Juden einzuziehen hatten – ein kleinräumiges Ghetto.

Wem gehörte das Haus?

Das Haus wurde nach seiner Fertigstellung 1911 vom jüdischen Kaufmann Jacob Michel erworben – er betrieb eine Waren-Agentur und lebte mit seiner Frau Auguste und zwei Töchtern in Wohlstand und Ansehen. Jacob Michel ging in den zwanziger Jahren in Pension und starb bald nach der Machtergreifung der Nazis. Noch vor seinem Tod zogen seine Tochter Lili und ihr Mann Paul Brady, Inhaber eines Textilgeschäftes, ein. Noch im Juli beantragte und erhielt Paul Brady die Genehmigung zur Verbreiterung des Balkons.
Einen Monat, nachdem in Bremen am 8./9. November 1938 die Synagoge gebrannt hatte und fünf Bremer Juden von SA-Kommandos ermordet worden waren, emigrierten Brady und seine Frau in die USA.
Am 24. Oktober 1941 wurde die bis dahin legale und von den Nazis sogar geförderte Abwanderung von Juden ins Ausland verboten. Kurz zuvor gelang es Auguste Michel, im Alter von 67 Jahren, am 2. September 1941 nach Kuba auszuwandern. Sie gehörte zu den 18 letzten der 922 Juden, die seit 1933 Bremen in Richtung Ausland verließen. Ihr nicht unbeträchtliches Vermögen ging dabei verloren, aber sie rettete ihr Leben, das sie 1948 im Haus ihrer beiden Töchter auf Long Island bei New York beschloss.

Wer wohnte noch in der Rembrandtstraße 25?

Hedwig Schartenberg lebte seit dem 4. September 1939 bis zu ihrer Deportation im Haus Rembrandtstraße 25. Sie war von Beruf Stütze (Haushaltshilfe). Wenige Monate später teilte sie die Wohnung mit der verwitweten Röse Josephs sowie deren Schwägerin und Schwager.
Das Ehepaar Carl Max Joseph und seine Frau Röse musste seine Kaffeerösterei in der Osterstraße 1938 verkaufen. Röse musste 1940 – inzwischen verwitwet – in die Rembrandtstraße 25 ziehen. Röses Schwägerin _Cäcilie Josephs musste am 29. Februar 1940 von der Kohlhökerstraße, Wilhelm Josephs, vermutlich ihr Schwager, am 3. Februar 1940 einziehen.
Willi Manne, Inhaber eines „Bijouteriegeschäftes“ in der Obernstraße mit Frau Luzi und dem 1919 geborenen Sohn Norbert. Die Familie musste Ende 1939/Anfang 1940 aus der Hohenlohestraße aus- und in die Rembrandtstraße 25 einziehen. Allein dem Sohn Norbert gelingt die Ausreise nach Uruguay. Er lebt – 88-jährig – nach Deutschland zurückgekehrt in Hannover.
Das Ehepaar Paula und Isidor Keller mit ihren 1912 bzw. 1914 geborenen Söhnen Harry und Siegfried. Kellers besaßen in der Sögestraße ein Haus, in dem Spitze verkauft wurde. 1938 wurde das Geschäft zwangsverkauft. Die Söhne wanderten 1937 bzw. 1938 nach England bzw. Uruguay aus. Nachdem Isidor Keller 1938 vorübergehend im KZ Sachsenhausen gelandet war, wollten er und seine Frau auch nach Uruguay auswandern. Sie verkauften ihre Häuser in der Richard-Wagner-Straße und in der Hagensstraße für einen Spottpreis und landen kurz vor ihrer Deportation in der Rembrandtstraße 25. Paula Keller war die Schwester von Luzi Manne.
Das Ehepaar Lina und Louis Friedemann – er kaufmännischer Angestellter – zogen 1938 von Achim in die Rückertstraße. Von dort mussten sie am 1.November 1941 in die Rembrandtstraße 25 ziehen. Bei ihnen lebte ihr unverheirateter Sohn Ernst. Die Tochter Ilse hatte den selbständigen Händler Arnold Löwenthal geheiratet und lebte seit 1927 mit ihm in Vegesack.
Löwenthal musste 1938 seinen gut gehenden Betrieb aufgeben und arbeitete dann als Polsterer bei Borgward. Am 2 Januar 1941 zog das Ehepaar Löwenthal in die Rembrandtstraße 25, wohin im Johanne Ilses Eltern und der Bruder Ernst folgten.
Berta Wüstenbecker, geb. Feiczewicz, war Witwe eines Bilderrahmen-Fabrikanten in der Hankenstraße. Sie heiratete erneut und zog nach Hamburg. Dem 1920 geborenen Sohn Kurt gelang die Auswanderung in die USA. Der 1921 geborene Rolf zog, als seine Mutter nach Hamburg heiratete, zur Familie Friedemann in die Rückert- und mit dieser in die Rembrandtstraße 25. Berta Wüstenbecker zog am 13 November 1941 – vier Tage vor ihrem gemeinsamen Abtransport nach Minsk! – zu ihrem Sohn in die Rembrandtstraße 25.
Hedwig Schartenberg zog am 4. September 1939 zu.

Was passierte mit den Bewohnern der Rembrandtstraße 25?

Alle zu diesem Zeitpunkt noch im Haus Wohnenden wurden am 18. November 1941 gemeinsam mit über 400 anderen Bremer Juden ins Ghetto Minsk deportiert – das Amt nannte das „Evakuierung“ – und dort umgebracht. Vermutlich haben die Nachbarn das mitbekommen.

Was passierte mit dem Haus weiter?

Als einziges Haus in der Rembrandtstraße wurde – Ironie der Geschichte – ausgerechnet das Haus Rembrandtstraße 25 gemeinsam mit seinen Nachbarhäusern von einem schweren Bombentreffer völlig zerstört. Es wurde erst 1954 an gleicher Stelle wieder aufgebaut.

Dokumentation erstellt von Günther Egidi (Rembrandtstr. 28) am 2.5.2008 nach Quellen aus der Landeszentrale für politische Bildung und nach dem Dokumentationsheft „75 Jahre Rembrandtstraße“ vom Landesarchivar Andreas Röpcke.

Judenhaus Rembrandtstraße heute
Judenhaus Rembrandtstraße

Die Wachmannstraße – gelebte Nachbarschaft

Wie sich ein bäuerliches Marschendorf ohne Dorfkern und Kirche in ein modernes, urbanes Viertel verwandelt hat. Lesen Sie dazu den interessanten und ausführlichen Artikel im Weser-Kurier.

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